DIE GELBE GEFAHR

Das der Kinese da, wo das geschriebene Wort ein „r“ vorgibt, unfähig ist dieses zu artikulieren und zu Gehör zu bringen, das weiß so ziemlich jedel, und stimmt nicht unbedingt. Wahr hingegen ist, das ein Kinese  beim schreiben seiner Speisekarte in seinem Restaurant am Niederrhein immer da wo der Text ein Doppel-s oder s-zet verlangte dieses mit einem profanem „b“ andeutete und ferner von den Buchstaben „ü“, „ä“, oder „ö“ nur den Stamm „u“, „a“ oder “o“ stehen ließ. Da stand dann also zum Beispiel: „subsaure Erdnubsobe“.
Seltsam?
Seltsam, aber so stand es geschrieben.
Der Kinese glänzt nicht nur durch sprachliche Innovation, auch musikalisch hat er mir neue Welten eröffnet. Da gab es doch mal dieses Chinarestaurant in Venlo mit dem schönen Namen „Wan-Sin“ (ein chinesischer Germanizismus oder germanistischer Chinesizismus? Terra incognito für die Sprachwissenschaft und ihre Millionen, häufig zur Pedanterie neigenden Anhänger.) Hier konnte man alle Tiere der Fußgängerzone auf tausende Arten fernöstlich zubereitet und durchnummeriert für Kleingeld zu sich nehmen. Von Kassette lief immer dieselbe Musik: Beethovens neunte auf Hammond Orgel! Besser als Original, viel abgespacter! Ich war öfter mal in Venlo, einkaufen, Gemüse und so und schaute dann auch ab und zu mal bei „Wan-Sin“ rein, ein „Wan-Tan“-Süppchen schlürfen und abdrehen. Loll over, Beethoven!




DAS SCHWABENLAND IST SCHWER SUBTIL

Das Schwabenland ist schwer subtil, ist meditativ, ist ein Koan, zeigt dem zivilisierten Intellekt seine Grenzen auf und ist somit ganz schön wild und gefährlich. Dieses für seine Kehrwochen berühmte deutsche Mittelgebirge. Beim durchwandern eines an sich harmlos erscheinenden kleinen und sehr sauberen Weilers, landschaftlich reizvoll eingebetet unter grauen Regenwolken, sah ich eine über die Strasse gespannte Banderole mit der Aufschrift „Fischerstechen  23. bis 24. Juni“.
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der Informationswert ist nicht so gering wie es auf den ersten Blick scheint. Ich denke wir können mit Sicherheit davon ausgehen das es sich hierbei um einen Hinweis auf eine dörfliche Festivität handelt. Sehr wahrscheinlich auch mit traditionellem Charakter, ritualhaftes lässt sich mit Sicherheit auch finden und klar auch das der örtliche Einzelhandelsverband als Sponsor auftritt, verspricht er sich doch durch erweiterte Ladenöffnungszeiten noch das eine oder andere Geschäftchen.
Rätselhaft, vollkommen rätselhaft: „Fischerstechen“. Keine weitere Info. Was ist gemeint? Fisch erstechen oder Fischer stechen. Wer ersticht hier wen? Alles ist möglich im Schwabenland. FischerstichtFischererstichtFischerstichtFischer. Meditativ. Ein Koan. Das Schwabenland ist schwer subtil.



DIE HASCHKÖNIGIN VON BERNKASTEL-KUES
Neulich besuchte ich eines der größten Drogenanbaugebiete der ganzen, großen weiten Welt. Kurz vor der Ernte, im Spätsommer, wo alles der Voll-reife zustrebt, die Felder auf den Berghängen üppigst überquellen voll der von in der Sonne gereiften, triefenden Früchten. Einer Sonne die jetzt doch langsam einsehen muss dass auch nach diesem gleissenden Sommer der gnadenlose Lauf der Zeit sie wieder an den Horizont und darüber hinaus abwärts prügeln wird. Trotzdem ist es immer noch die Sonne die der Assoziation zum goldenen Drei-eck Gültigkeit verschafft denn ihr Licht ist golden und lässt alles milde glänzen. Die ganze schöne Natur, die angepflanzten Drogen die zwecks Optimierung des Enteertrags in Reih und Glied stehen, der Lack der Reisebusse, der Lack der Wohnmobile, der Lack der Autos (vom Mittel-klassewagen an aufwärts). Es glänzen weiterhin die Glatzen der rotgesichtigen, angetrunkenen, deutlich übergewichtigen Rentner, so wie die da schwitzen, fusskrank in der prallen Sonne, wie natürlich auch der Lack der Rolatoren und sonstigen Gehhilfen der etwas grau wirkenden Rentnerinnen. Die Rentner quellen aus ihren jeweiligen Fahrzeugen, Blech-büchsen. Sie sind von weither angereist, allen Gebrechen zum Trotz, hier zum Beispiel eine die fünfmal die Woche zum Arzt mit dem Taxi fährt, bezahlt alles die Kasse, tiptop. Man trifft sich zum ritualisiertem, komplett durchkommerzialisiertem Drogen-miss-gebrauch. Die Rentner, also die gesellschaftliche Sub Gruppe der User sind natürlich als die letzten noch in Deutschland lebenden Bezieher eines festen Gehaltes für die hier an der Mosel ansässigen Produzenten, im Drogenmillieu „Winzer“ genannt, und den Groß- und Kleindealern von besonderem Interesse. Natürlich ist alles auf den möglichst reibungslosen Drogenkonsum eingerichtet, alles lädt zum Verweilen an, mitsaufen. Probierstände zum anfixen säumen die Ränder der Strassen, welche übersät sind von wegeworfenen Medikamenten-schachteln. Hier und da sinken einzelne Rentner frisch vom Schlaganfall getroffen hernieder auf´s Pflaster, den einen Mundwinkel hängend, mit dem anderen trunken-dümmlich grinsend: gut versichert!
 Überall ist Volksmusik oder ganz böse: deutscher Schlager aus der Kreisliga B. Das „stoned“ oder „high“ der moderneren Drogenuser bezeichnet der Moseljunk als „weinselig“, ein Zustand in dem er sich gerne auf seinen arteriosklerotischen Beinen auf den Weg macht um ein Konzert zu besuchen, „mit richtiger Musik“. Die wird auch tatsächlich live angeboten: schmissige Feuerwehrkapellen die, ich hab´s erlebt, selbst vor einem auf Marschmusik getrimmten Beatles Medley nicht zurüchschrecken: hier zeigt sich die dunkle, die böse Seite der Droge.
 Da fällt mir ein das ich neulich auch in der Eifel auf einem Schützenfest einen Trommlerkorp entdeckte, welches „Smoke on the Water“ von Deep Purple zum schlechtestem gab. Ist die Droge auf dem Vormarsch?
 Eine weitere, wichtige Frage: Hat der CIA, bekannt als der Drahtzieher in der internationalen Drogen-scene seine schmutzigen Finger im Spiel? Genauso wie er in Afghanistan die Taliban mit Erlösen aus dem Heroinhandel finanziert hat, wer weiss, vielleicht finanziert der CIA aus den Erlösen der Moseldroge die CDU, einer ähnlich fundament-alistischen Gruppe wie die Taliban. Wir sind in Rheinland-Pfalz und die Assoziationskette: Rheinlandpfalz > Pfälzer Saumagen > Helmut Kohl > schwarze Kassen und wer waren eigentlich die Spender? ist auch nüchtern betrachtet durchaus plausibel. Nebenbei gibt der „weinselige“ Rentner das dumme Wahlvolk, welches „weinselig“ immer sein Kreuzchen an der „richtigen“ Stelle macht. Und was wäre wenn die Geschichte die Weichen anders gestellt hätte, wenn uns zum Beispiel das Christentum nicht aufgedrängt worden wäre? Hier spielt der Wein ja eine zentrale Rolle, „dies ist mein Blut“ das ist Dark Wave, das ist myhtischster Mystizismus, und wenn ich auf ähnliche Weise zum Beispiel eine Ecstasy-Tablette anbeten würde, mal ganz ehrlich? Gut, wir haben jetzt gesehen das das Quatsch ist, warum hätte also nicht in der Vorzeit ein aufgeweckter Moselianer die Vorzüge des Haschanbaus auf den Sonnen-hängen der Mosel entdecken sollen. Man muß sich das heute vorstellen, ein ganz anderes Bild was sich einem bietet. Langhaarige sehr gelassen wirkende Rentner hocken um große Wasserpfeifen. Es gibt dennoch sehr viele junge Menschen, Abwanderung in die Stadt ist kein Thema, die jungen Menschen wissen das mit ein bisschen was zu kiffen und viel Natur ringsum das Leben auf dem Land ganz nett ist. Heute ist Ernte Dank Fest, der alljährliche Höhepunkt, die Scheunen und Pfeifen sind wohl-gefüllt. Auf großen Leiterwagen, von rotäugigen Pferden gezogen wird das Gras in die Stadt gebracht, wo die, die zu alt für den Berg sind es zur Weiterverarbeitung fertig machen. In den besten Lagen erntet man jedoch anders: die Unverhei-rateten des Dorfes rennen nackt durch die Pflanzungen. Durch den flüchtigen Kontakt der Haut mit der Pflanze bleibt das Haschöl auf den Körpern unserer jungen Freunde kleben die bald anfangen in der Sonne golden zu glänzen. Für die Alten die im Tal vor ihren Wasserpfeifen hocken scheint der Berg zu funkeln. Die jungen Menschen treffen sich an einem Sammelpunkt wo sie sich gegenseitig das Öl vom Körper holen, ein sinnlich-erotisches Ritual, überhaupt gibt es dort wenig Probleme mit Körperlichkeiten. Die Strassen und alles ist geschmückt mit Sträussen gebundenen Mahrihuanas, auch die sogenannten Staussen-wirtschaften, selbst die Kinder schwenken kleine Sträusse. Blaskapellen spielen einen ohren-betäubenden, treibenden Free-Jazz. Die Stimmung steigt und nähert sich dem Höhepunkt als die ersten Wagen mit Mahrihuana unter den hypnotischen Klängen der Free- Jazz Kapellen den Ort erreichen, gefolgt von den öl-glänzenden, nackten Berg-läufern. Auf dem letztem, dem größten Wagen mit dem dicksten Haufen allerfeinsten Grases sitzt die Haschkönigin von Bernkastel-Kues. Trompetengeschmetter! Saxophonsolos! Anales Trommeln! Sie ist nackt und Haschölverschmiert, an ihren Ohren hängen die fettesten Blüten der Saison. Wer Haschkönigin von Bernkastel-Kues werden will muss die schönsten Tüten im ganzen Moselländle bauen können. Frauen die Tüten bauen die einseitig abbrennen oder nicht ziehen haben überhaupt keine Chance im Moselländle! Alles zieht zum Marktplatz, das Gedränge wird stärker und unter den Klängen von sage und schreibe acht Free-Jazz Kapellen schneidet die Haschkönigin von Bernkastel-Kues den ersten frischen Haschkuchen der Saison an um auch sogleich unter dem Jubel der Menge ein Stück zu verspeisen denn Hasch macht hungrig! Dann gibt es natürlich noch eine Mega-Orgie mit allem drum und dran und so und endlich hat auch der Free-Jazz ein würdiges Publikum gefunden welches mit natürlichen Gefühlen umzugehen weiß und dem musikalischen  Ausdruck des vorgenanntem höchstes Lob zollt, neben anderen Zuwendungen.
Also eine Megaorgie, aber der Rest meiner Phantasie ist privat und gibt auch zuviel von mir preis und wen interessiert das schon. Nur eines möchte ich noch anfügen. Ich bin einfach kein Weintrinker.


DIE MAUER WAR GEFALLEN
Ich weiß nicht mehr wann das war, die Mauer war gefallen und endlich wuchs zusammen, was zusammen gehört. Bei mir in der Form das ich eine Nacht mit einer Thüringerin oder Sächsin oder so verbrachte. War wirklich sehr nett. Wir unterhielten uns natürlich auch, über alles mögliche, auch über Karneval und mir war das gar nicht geläufig: Karneval im real existierendem Sozialismus. Meine Frage wann den der Karneval losginge wurde so beantwortet: Öm öften öften, öm öff ö öff!
Ob das wirklich zusammenwächst?



FREUNDE!! HELFER!!!
Der  Park war der Stolz der Gemeinde. In einem trocken gelegtem Sumpfgelände weiträumig angelegt, in direkter Nachbarschaft zum Freibad und geschmückt von einem Aussichtsturm in futuristischem Design, der sich ca. 25m erhob und das Wahrzeichen der Anlage, ein stilisiertes Männlein in einem Kreis in den Himmel hob. Dieser Park war bei Wind und Wetter einer der Szenetreffs der Gemeinde, ein weiterer Szenetreff war die zentral an einem kleinen, mit einem Springbrunnen verzierten Platz gelegene Bushaltestelle. Dann gab es noch Ende der 70er eine Disko, aber keine Dorfdisko, sondern etwas Verrufenes, ein damals auf dem Land noch rarer Treffpunkt Langhaariger, die zum Teil weite Anreisen unternahmen. Praktischerweise waren auch noch die Niederlande in der Nähe. Die Tanzfläche dann voll, alles verzerrt im Luftgitarren-Posing zur Musik von Frank Zappa in Ohrenbetäubender Lautstärke. Und ab und zu auch Punk. Das mag schon ein für die heimische, mittelständische Landbevölkerung ein bizarres Bild geboten haben, das gebe ich gerne zu. Die abenteuerlichsten Gerüchte kursierten im Dorf, die Spießerseele kochte. Und während der Woche war Kneipe.
Ich war 16 oder 17, pickelig, blondgelockt mit langem Haar und an irgendeinem Wochentag war ich da und es war nicht viel los. Ein paar bekannte Gesichter, ich trank ein Bier und verließ den Schuppen gesetzestreu so um 10. Eine Freundin die ich noch getroffen hatte begleitete mich. Wir trennten uns am Eingang zu oben erwähntem Park, unsere Wege nach Hause waren nicht die Gleichen, ihrer führte am Park vorbei, meiner mitten durch. Der Abend war lau, ich fühlte mich gut. Ich passierte auch den Aussichtsturm, und während ich dort so lang schlenderte, hörte ich ein Geräusch von der Spitze des Turms und ich schaute nach oben. Gegen den Nachthimmel nahm ich verwischt einen Schatten wahr, ein Wischen, dunkel auf dunkel und dann mit einem dumpfen Geräusch landete etwas ca. 5m von mir entfernt auf dem Boden. Ich ging dahin und da lag ein Mädchen in meinem Alter, und das Mädchen lag genau zwischen zwei gerade Zurückgestutzten Büschen, die Schnittkanten Messer-scharf angeschrägt. Ich kannte das Mädchen. Sie war eines der bekannten Gesichter die ich vorher in der Kneipe gesehen hatte. Mit ihr hatte ich noch nie geredet. Ich sah kein Blut, das Mädchen atmete noch und ich rannte. Ich rannte quer durch den Park, zum nächsten Haus und holte die Familie vom Fernseher. Diese zeigte sich gar nicht begeistert, Vater, Mutter und ein dicker Sohn in meinem Alter. Meiner Forderung einen Krankenwagen zu rufen wurde doch eher zögerlich nachgekommen. Ich wieder zurück zum Turm, das Mädchen atmete noch und da kam auch schon der dicke Junge angerannt, mit einer noch dickeren Kamera bewaffnet und quiekte das er alles fotografieren müsse. Ein Scheinwerferpaar näherte sich über den Rasen und tauchte uns in Licht. Ich ging dem Licht entgegen: das war kein Krankenwagen, das waren die Bullen! Hatte der stolze Vater eines dicken Kindes die Bullen gerufen statt eines Krankenwagens? Warum? Die Wachtmeister stiegen aus, fragten was los sei und ich sagte das wir verdammt noch mal einen Krankenwagen bräuchten, da sei ein Mädchen vom Turm gesprungen (25m) und wo verdammt noch mal bleibt der Krankenwagen. Ich zeigte auf das Mädchen, der Wachtmeister ging näher ran und dann zurück zum Wagen. Den anderen Wachtmeister wies er an auf mich aufzupassen. Und dann rief er endlich über Funk einen Krankenwagen. Wir warteten, die Staatsgewalt kümmerte sich lieber um meinen Ausweis als um das Mädchen. Ich sagte dass ich das Mädchen vorher in der Kneipe gesehen habe. Die beiden Spezialagenten guckten mich an und dann ohne jede Vorwarnung stieß der eine mich gegen den Polizeiwagen. Ich flog gegen das Auto, war total überrascht, bekam den Arm auf den Rücken gedreht, Handschellen, wurde an den Haaren herumgerissen, die Autotür ging auf und ich wurde äußerst unsanft auf den Rücksitz verfrachtet und im Auto eingeschlossen. Verwirrt setzte ich mich auf, durch die Frontscheibe sah ich das Mädchen im Scheinwerferlicht auf dem Boden liegen. Noch immer kein Krankenwagen. Die Sheriffs kümmerten sich nicht um das Mädchen, an den Wagen gelehnt hörte ich sie reden, konnte aber nichts verstehen. Die Fahrertür ging auf, ein Sheriff setzte sich ins Auto und ich fragte sofort wo der Krankenwagen bliebe. Der Sheriff drehte sich um, schaute mich irgendwie so komisch an und fragte mich, warum ich meine Freundin umgebracht habe. „Was?“, sagte ich, und dann fragte ich: “Ist sie tot?“
„Das macht der Arzt. Warum hast du die da runter geschmissen? Da sind Drogen im Spiel, stimmt´s?“ Ich war erstmal so dermaßen geplättet das ich gar nichts sagen konnte. Der Sheriff setzte nach: „Uns kannst du nichts erzählen, die Sache ist klar, wir haben dich. Du kannst dir und uns die Sache leichter machen. Du kannst dir aber auch noch mehr Probleme einhandeln. An deiner Stelle…….“ Und dann hielt der Typ mir echt so eine original Fernsehkrimirede, ich solle gestehen und ich war fassungslos. Dann sagte ich dass das Mädchen nicht meine Freundin sei, ich sie nur vom Sehen her kannte und was der ganze Quatsch solle. Der Bulle explodierte: „Mach nicht den Harten. Mit dir werden wir fertig!“ Der Innenraum des Wagens wurde hell, ich schaute durch das Rückfenster, endlich der Krankenwagen. Der Superbulle stieg aus, wieder war ich allein im Auto. Das Mädchen lag immer noch im Scheinwerferlicht, aber jetzt passierte etwas. Das Blaulicht zauberte Lichteffekte, zwei Sanis mit Bahre, ein Doc mit Koffer, eine Infusion wurde angelegt, das Mädchen auf die Bahre gehoben und im Krankenwagen verstaut. Ich saß auf der Rückbank des Polizeiwagens, sah das alles und fühlte mich ziemlich scheiße.
Der Krankenwagen fuhr ab, die beiden Bullen stiegen ein, um uns herum war der dunkle Park. Nur die Scheinwerfer leuchteten immer noch. Zwei bis drei Minuten schwiegen wir, dann wurde mir die Sache zu blöd und ich fragte was denn jetzt sei. „Packst du aus?“ Die beiden Sheriffs guckten mich an: „Packst du endlich aus?“ „Ich hab nichts auszupacken. Ich hab mit der Frau nichts zu tun, ich hab die nur in der Kneipe gesehen und jetzt ist die mir vor die Füße gesprungen. Ich hab nichts gemacht!“ „Mord gibt 25 Jahre. Du wirst 25 Jahre richtig durchgefickt. Ist dir das klar? ........ Ob dir das klar ist?“ Der Sheriff auf dem Beifahrersitz packte mich vorne an meiner Jacke, zog mich ruckartig nach vorne, dann stieß er mich wieder nach hinten in den Sitz, und wieder nach vorne und wieder nach hinten in den Sitz, und so hin und her und immer noch mit der Faust die meine Jacke hielt gegen meinen Kehlkopf und gegen meinen Hals und dabei schrie er mich die ganze Zeit an und ich flog hin und her wie eine Puppe und mit den Händen in Handschellen auf dem Rücken konnte ich auch nichts dagegen tun. Es dauerte ziemlich lange bis der andere Sheriff dazwischenging: „Komm hör auf, ist gut, Wir haben doch alles was wir brauchen. Wir haben eine Leiche, wir haben einen Tatort, und wir haben ein Täter. Den Rest machen wir auf der Wache.“ Schwer atmend sackte ich zurück in den Sitz und zum ersten Mal bekam ich richtig Angst. Und mir wurde auch klar dass ich keine Angst haben durfte, weil Angst lähmt. Und ich durfte mich nicht bluffen lassen, denn dann würde es ganz bös werden. „Ich will meine Eltern anrufen. Sie können mich nicht festnehmen ohne meinen Eltern Bescheid zu sagen. Ich will meine Eltern anrufen!“  „Wir halten dich solange fest wie wir wollen, wir brauchen niemandem Bescheid sagen. Wir nehmen dich erstmal mit und dann wirst du schon auspacken, verlass dich drauf.“ „Ich hab nichts auszupacken.“ „Wir haben unsere Methoden. Du wirst auspacken.“ „Ich hab eine Freundin in der Kneipe getroffen. Mit der bin ich bis zum Park gemeinsam gegangen. Rufen sie die an. Die wird ihnen sagen das ich mit dem Mädchen nichts zu tun habe.“ „Warum sollten wir das tun?  Wir haben doch alles.“ Der Typ ließ den Wagen an und wir machten uns auf den Weg zur Wache, auf dem Weg sprachen wir nicht. Auf der Wache, immer noch in Handschellen, wurde ich in einen Vernehmungsraum geführt und ziemlich unsanft auf einen Stuhl gedrückt. Mir gegenüber Tisch, Lampe und Schreibmaschine. Ich war mit den beiden Sheriffs in dem Raum alleine, nur einmal ging kurz die Türe auf, ein älterer Polizist steckte kurz den Kopf herein, schaute mich durchdringend an und fragte die beiden: „Ist der das?“ „Jawohl. Der packt gleich aus. Den haben wir gleich so weit.“ Der Polizist schaute mich noch mal durchdringend an und dann war er auch schon wieder weg. Und dann begann das Verhör. Ich will das Verhör hier im Einzelnen nicht wiedergeben. Aber, während des ganzen Verhöres hatte ich ein eigenartig irreales Gefühl, ein Gefühl als ob eine Glasscheibe zwischen mir und der Welt wäre. Es war alles so als ob es Fernsehen wäre, schlechtes Fernsehen mit extrem schlechten Schauspielern und einem mehr als lausigem Drehbuch. Der Bulle der mich im Wagen durchgeschüttelt hatte gab natürlich den bösen Bullen, der andere den Guten. Dieses kitschige, die im wahrsten Sinne des Wortes wahnsinnige Dummheit mit der ich mich in einem Raum befand, das irreale Fernsehmäßige, das alles bewirkte bei mir dass ich emotionell gar nicht am Verhör teilnahm, das ich kalt wurde. Mir wurde die Brille abgenommen, die Lampe wurde so gedreht das ich geblendet war, ich wurde weiter angeschrieen und mit allem Möglichen bedroht. Ich bekam Backpfeifen, Kopfnüsse und der eine bohrte mir immer den Daumen neben dem Schlüsselbein in das Fleisch. Ein, zweimal ging ich auch vom Stuhl. Man legte mir viermal ein Geständnis zur Unterschrift vor mit immer denselben Sachen drin: Ich, der Drogendealer, ich hätte dem Mädchen Stoff verkauft, das Mädchen hätte nicht bezahlt, deswegen hätte ich die vom Turm geschmissen. Das war zu lächerlich, das war zu kitschig, mein Bewusstsein fokussierte sich nur auf einen Punkt: lass dich nicht nötigen. Ich unterschrieb nichts und ihre ganzen Schläge, Rumschreierei und ihre geballte Dummheit konnten mich nicht erreichen. Ich wurde von 23uhr bis zum nächsten Morgen 6uhr30 nonstop verhört. Mehrmals verlangte ich zu telefonieren, doch das wurde mir abgeschlagen. Das stimmt nicht ganz: einmal wurde es mir erlaubt. Der eine Wachtmeister schob mir das Telefon rüber, aber ich hatte ja Handschellen an. Mann, hatten die einen Spaß. Dann wurde ich einfach nur vor die Tür gesetzt. Ohne ein Wort, ohne irgendeine Erklärung, ohne irgendwas stand ich auf der Strasse. Es wurde gerade hell, die ersten Passanten waren unterwegs. Von einer Telefonzelle rief ich meine Mutter an. Die hatte sich natürlich schon Sorgen gemacht, es war auch so schon alles schwer: die Scheidung von meinem Vater, die damit verbundenen Gerichtsprozesse, die Schmutzwäsche. Mutter war eine gute Mutter, zu diesem Zeit
ihres Lebens sehr angeschlagen und nervlich etwas desolat, war sie doch in dieser Geschichte die einzig Vernünftige, die Einzige die ruhig blieb. Sie kam mich hohlen mit ihrem kleinen, roten Auto, fragte nichts, ließ mich erzählen. Zu Hause erwartete mich mein Vater und wollte wissen was gewesen wäre. Ich bekam direkt am Anfang meiner Geschichte eine Ohrfeige, dafür das ich in der verrufenen Kneipe war. Und zum Schluss noch mal eine für den Gesamtkomplex. Werte werden in der Familie vermittelt. Mein Vater fand das nur gerecht was mir widerfahren war, ich hatte Schande über die Familie gebracht. Mein Bruder sah das genauso: "Die hätten dich totschlagen sollen!"
 Der Ort war wirklich nicht so groß und von da an war ich der Mörder. Oder zumindest irgendwie verwickelt in schlimme Dinge. Ich durfte meine Freundin nicht besuchen, wir mussten uns heimlich treffen. Die Mutter eines Freundes, die mir die Tür wies, gab mir noch folgendes mit auf den Weg: „Nicht das wir denken du hättest die da runter geschmissen, das wissen wir nicht. Aber wenn man sich in so was reinziehen lässt….. Wenn einem so was passiert, da geht man am besten weiter, dann handelt man sich auch keinen Ärger ein.“, und zu die Tür. Auch in der Schule gab es Ärger. Meine neuen Freunde und Helfer hatten sich wohl mit der Schule in Verbindung gesetzt. Täglich wurde ich von der komplett durchgeknallten Drogeberatungslehrerin aus dem Unterricht zu eindringlichen pädagogischen Gesprächen geholt.  Der ganze Kurs tuschelte dann immer, man war schon was Besonderes. Die Gespräche waren total peinlich, die, sagen wir mal: Pädagogin interessierte sich kein bisschen für das was auf der Wache passiert ist. Viel schlimmer, sie wollte mich aus dem Sumpf von Gewalt und Drogen retten in den ich hineingeraten war. Natürlich blieb ich sitzen.
Das Mädchen welches vom Turm gesprungen ist, ist nicht gestorben. Sie hat mit gebrochenen Knochen im Koma gelegen, wobei ich für die Sheriffs doch ein Mörder war. Später hat sie ausgesagt das sie aus Liebeskummer vom Turm gesprungen ist, nicht wegen mir, nicht wegen Drogen und sie kannte mich auch gar nicht.  Das habe ich natürlich nicht von der Polizei erfahren, von den Feiglingen habe ich nie wieder was gehört. Meine Mutter hatte versucht sich bei der Polizei zu beschweren, aber sie war zu schwach, und wie beweisen. In meiner Familie hat keiner auch nur einen Finger krumm gemacht. Ich war 16 oder 17, pickelig, blondgelockt mit langem Haar. Aber nicht mehr lange, dann ging der Punk los.


SO TOLL IST MICROSOFT WORD

Da ich versehentlich das schöne Wort arschlöcher klein schrieb bot mir die nette Rechtschreibehilfe von Microsoft Word folgenden Korrekturvorschlag:
„arischlöcher“. Super, Microsoft Word! Wehret den Anfängen! Recht so!




MALLE AUF MALLE
 Die Sonne knallt heiß vom Himmel, runter auf Malle, runter auf Deia´, dem mallorquinischen Künstlerdörfchen, welches wirklich wunderschön ist und die Sonne knallt auch heiß auf die Bushaltestelle von Deia an welcher ein Trupp deutscher Rentner auf den Bus nach Soller wartet. Trotz der Hitze ist die Laune gut, die Ausrüstung noch besser: alle tragen kurze Kaki- oder Safarihosen, Hemden im Grobkaromuster und Wanderstiefel wie sie sich nur Rentner leisten können. Die Frauen tragen Schlapphüte, also Kopfbedeckungen deren Krempe in allen Richtungen gleich langweilig nach unten hängt und damit eine Tendenz aufweist die übertriebenem Optimismus am Lebensabend in die Schranken weist. Die Herren treten da schon etwas forscher auf: Käppies, also Schirmmützen im Military Look täuschen ständige Einsatzbereitschaft, Vertrautheit mit dem Gelände, kurz die absolute Herrschaft über jede Lebenslage vor. Sehr traurig das Ganze. Vom verkrampftem Walken daheim sind die Ellebogen im 90 Grad Winkel eingesteift und die Schulterblätter an den Ohren festgewachsen. Alle tragen Rucksäcke deren Volumen auch für eine Himalajaquerung reichen würde. An den Tragegurten sind kleine Taschen angebracht für Handy, GPS-System und einer hat sogar einen Laptop. Im Wald oder in den Bergen trifft man diese Menschen nie. An deren Stelle würde ich da auch nicht hin gehen. Ist ja auch viel zu riskant, wenn jetzt noch was passiert, jetzt wo man die Schäfchen im Trockenen hat und deswegen geht man da nicht hin sondern begnügt sich mehr so damit den Wanderer zu geben.
 Der Bus hat eindeutig Verspätung, was locker aufgenommen wird, beziehungsweise wird der Ärger darüber übertüncht mit einer Pampe aus antrainiertem Laissez-faire, die Aufgabe fürs Alter und einem, so redet man sich ein, Entgegenkommen der Gäste an das südländische Lebensgefühl der Gastgeber und kann sich so noch ein bisschen in seiner Toleranz suhlen.
Das muss man nicht allzu lange, der Bus kommt. Der Bus kommt, er hält, die Türen öffnen sich und eine mallorquinische Kleinfamilie steigt aus. Der Busfahrer, ein netter fetter schwitzender Mann reicht das Baby hinterher. Die wartenden Rentner branden an den Bus, begehren Einlass. Der Ton wird lauter, aggressiver. Eine üble Rempelei hebt an und mit Anti-Aging hat das Ganze gar nichts mehr zu tun. Der Bus ist ziemlich voll, voll von deutschen Rentnern die den draußen wartenden Rentnern bis aufs Haar gleichen. Der Bus ist so voll das die drei einzigen gerade eben frei gewordenen Plätze auch nicht den Hauch einer Chance haben auszukühlen. Eine Dreier Rentner Gruppe aus dem Ostdeutschen hat sie sich erkämpft, der Sieg blitzt aus ihren Augen. Der Busfahrer hängt seinen prächtigen Bauch, er hat auch nicht mehr lang bis zur Rente, in die Eingangstür und ruft „Completo! Completo!!“ Die Rentner drängen gegen den Bus, drücken ihre Militarykäppis gegen den dicken Bauch des Busfahrers, von hinten wird nachgeschoben. Der Busfahrer muss nachgeben, die Rentnerschwemme lässt als erstes eine ältere Dame in den Bus ploppen. Bauch an Bauch steht sie dem Busfahrer gegenüber welcher sich mit seinen Armen in dem Gestänge verkeilt hat um nicht noch mehr Boden zu verlieren. Das Spanisch der Rentnerin ist nicht so gut, sie sagt : “Zwanzisch personnas, bitte.“ und das wird auch trotz mehrfacher Wiederholung nicht besser. Der Busfahrer schreit: “Occupado! Completto!“, die Rentner draußen drängen weiter nach innen, schreien, schimpfen, nichts geht mehr. Die Volksseele kocht. Und jetzt kocht auch die Volkseele der Rentner im Bus. In den hinteren Reihen beginnt, dann bricht es sich Bahn, wogt durch den Bus nach vorne: „RAUS! RAUS! RAUS!“ schreit der wildgewordene Rentnermob im Bus, Rentner, die den Rentnern draußen bis aufs Haar gleichen. „RAUS! RAUS! RAUS!“ und auch die grade eben erst dazugestoßenen Ossis machen mit und fühlen sich pudelwohl. Hier hat sich wohl gerade eben eine Gruppe gebildet unter dem gruppenspezifischen Merkmal „Die, die drinnen sind“ Diese Gruppe bildete sich aufgrund eines Feindbildes „Die, die draussen sind und die Arschkarte haben. In einen viehisch, primitivem Ritual, dem Sprechchor wird das Böse da draußen gebannt und als Side-Effect wird das Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt. So weit so gut und letzten Endes funktioniert so konservative Politik. Aufgrund dieses unerwarteten Rückenwindes wird der Bauch des Busfahrers dicker, die Entschlossenheit und der Kampfeswille der Rentner draußen bekommt trotz paramilitärischer Ausrüstung einen Dämpfer und die Frontrentnerin ploppt a tergo durch die Eingangstür zurück in die Gruppe derer „Die die Arschkarte haben“. Die Eingangstür schließt sich, der Bus setzt sich in Bewegung, die Gruppe im Bus feiert den Sieg, die Gruppe draußen wirft noch ein paar Steine hinterher.
 Es ist der Traum der Deutschen auf Malle einen geruhsamen Lebensabend zu verbringen den in Deutschland kann man ja nicht mehr richtig leben weil da ja die ganzen Ausländer sind. Tja, 2000 Jahre christlicher Sexualfaschismus, 12 Jahre 1000jähriges Reich und um noch einen draufzusetzen 500 Jahre CDU haben doch einiges an Verkrampfung und Skleroisierung an Körper und Geist verursacht. Eine Bürde an der gerade der deutsche Rentner schwer zu tragen hat und die er wohl nicht mehr wird abschütteln können.